„Ich sollte einen Namen für diesen tollen Charakter auswählen, den ich soeben erschaffen habe. Hm…
Er soll definitiv mit einem T anfangen.
Äääääääh.
Vielleicht doch mit einem V.
…
Nee, T ist schon gut.
Oder?
Doch, doch. Passt.
Vielleicht sollte ich Babynamen-Websites durchforsten.
… Was zur Hölle ist denn ‚Tadhg‘ für ein Name?
…
Hmmmmm…
…
Okay, Thomas klingt doch brauchbar! Super, dann schreibe ich das mal –
Ach, Gott, nee, so hieß ja der Vollidiot aus meinem alten Kunstkurs. Das kann ich nicht nehmen.
…
Alter, das kann doch nicht so schwer sein!
Wenn das so weitergeht, nehme ich einfach irgendeine Pizzasorte als Namen. Quattro Stagioni klingt doch mega ansprechend. Ja. Voll.
…
Uuuuuurgh.
…
OKAY, WIR NENNEN IHN TIM. WAS AUCH IMMER.“
Kommt das hier irgendwem bekannt vor? Mir auf jeden Fall. Autsch.
Es ist immer das gleiche Spiel. Entweder, man denkt sich einen ganz tollen neuen Charakter aus und hat dann beim Benennen das Gefühl, man hätte noch nie von dem Konzept der Namensgebung gehört, oder man hat nur einen Namen im Kopf und bei der Charaktererstellung bricht man sich dann sämtliche Knochen.
Heute geht es zwar nur um Ersteres, aber auch für Problem Nummer zwei habe ich selbstverständlich einen Lebensratgeber für euch.
So. Da ich euch durch das Veröffentlichen dieses Beitrags einige Tipps zur Benennung von Charakteren versprochen habe, wollen wir uns nicht länger mit Geplänkel aufhalten.
Ist „Katniss“ ein guter Name?
Joah, ist okay, ne?
Na gut, das ist jetzt nicht genau das, was ich meinte. Viele Autoren benennen ihre Charaktere nach bestimmten Themen, wie zum Beispiel Blumen. Suzanne Collins wählte „Katniss“, „Primrose“, „Rue“, … Alles sehr schön, sehr blumig.
Viele Leute halten das für absolut genial („Wow, und der Antagonist heißt Snow, weil Schnee Blumen töten kann!“), andere meinen, es sei kitschig und abgenutzt, eine faule Form der Vorausdeutung.
Ich persönlich denke nicht, dass man es nicht benutzen sollte. Wenn ihr coole Themen-Ideen für eure Charaktere habt, sodass sie alle zusammengehören und vielleicht sogar etwas Vorausdeutung liefern, haut rein. Ihr müsst dann eventuell nur damit leben, dass ein paar Menschen eure Protagonisten Salt, Pepper und Hot Mexican Chili Powder als kitschig benannt bezeichnen werden. Aber ihr habt wahrscheinlich deutlich Schlimmeres auszustehen als das.
Um uns mal davon wegzubewegen, lasst uns über andere Arten und Weisen reden, Charakternamen miteinander zu verbinden.
Letzte Woche habe ich in meinen Tipps zu Buchtiteln als Beispiel „Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“ von Benjamin Alire Sáenz verwendet. Und wisst ihr was? Das mache ich heute gleich nochmal.
Wenn man nicht der eine Typ auf Amazon ist, der sich darüber beschwert hat, dass es sich bei Aristoteles und Dante in diesem Buch nicht wirklich um die Personen Aristoteles und Dante Alighieri handelt, wird man in der Lage sein zu begreifen, dass Ari und Dante in dieser Geschichte nur zwei Jungen sind, die die gleichen Namen tragen wie Aristoteles und Dante.
Und obwohl das natürlich nicht absolut notwendig war, verhilft es doch, sofort eine Verknüpfung zwischen den Charakteren herzustellen.
Da ich nur die englische Originalversion da habe, sehen wir uns mal einen Auszug daraus an, in dem die beiden das erste Mal aufeinander treffen. Danach übersetze ich den Kram dann noch, so gut ich eben kann. Das wird vermutlich von der tatsächlichen deutschen Version abweichen, entschuldigt bitte.
„My name’s Dante,“ he said.
That made me laugh harder. „Sorry,“ I said.
„It’s okay. People laugh at my name.“
„No, no,“ I said. „See, it’s just that my name’s Aristotle.“
His eyes lit up. I mean, this guy was ready to listen to every word I said.
„Mein Name ist Dante“, sagte er.
Das brachte mich noch mehr zum Lachen. „Tut mir leid“, sagte ich.
„Es ist okay. Leute lachen über meinen Namen.“
„Nein, nein“, sagte ich. „Weißt du, es ist nur, dass mein Name Aristoteles ist.“
Seine Augen leuchteten auf. Ich meine, der Typ war bereit, jedem Wort zuzuhören, das ich sagte.
Seht ihr, wie der Autor es augenblicklich schafft, eine Verbindung zwischen diesen beiden Charakteren herzustellen? Und das nur aufgrund ihrer Namen!
Sowas könnt ihr natürlich auch gerne machen, wenn euch was Tolles einfällt. Ich würde mich da nicht von solchen Negativsies aufhalten lassen, die meinen, man müsse alles aus der Welt kritisieren, was auch nur die minimalsten Spuren von Kitsch zeigt. Habt Spaß, haut was raus, ich bin gespannt.
Sorry, this username is already taken
Ich weiß, ich weiß, ich habe gerade die Verwendung der Namen „Dante“ und „Aristoteles“ gelobt, aber wenn hier irgendjemand es für eine gute Idee hält, einen Charakter „Harry Potter“ oder „Artemis Fowl“ zu nennen, muss ich demjenigen leider mal kurz eins überziehen.
Kennt jemand hier das eine Buch, über das sich alle Welt lustig macht? „A Handbook for Mortals“ von Lani Sarem? Ich werde jetzt nicht großartig anfangen, über dieses Buch zu reden, da ich es nicht gelesen habe und auch nicht plane, das jemals zu tun, aber die Love Interest heißt Clark Kent. Mehr sage ich da jetzt nicht zu.
Klar könnt ihr euren Protagonisten sowas wie Peter Parker nennen, aber dann wird jeder sich über euch lustig machen. Und alle werden diesen Charakter allein schon aus Prinzip hassen. Tut mir leid, aber es ist, wie es ist.
Denkt euch einfach einen schönen, nicht bereits reservierten Namen aus. Und googelt nach eurem Auswahlverfahren am besten flott eure Wahl, um sicherzugehen, dass ihr nicht versehentlich was gewählt habt, das schon benutzt wird. Was jetzt nicht heißen soll, dass ihr nicht den gleichen Namen benutzen dürft wie irgendein unbekannter Webcomic mit drei Lesern zum Beispiel, aber nehmen wir mal an, ihr habt noch nie von Twilight gehört und nennt euren Hauptcharakter Bella Swan. Es gibt bestimmt viele bekannte Sachen, die euch nicht unbedingt geläufig sind.
Also: Kurzes Checken und schon ist alles gut.
Selbstverständlich meine ich nicht, dass ihr eure Charaktere nicht „Harry“ oder sogar „Hermine“ nennen dürft. Sind schließlich ganz normale Namen, wenn sie nicht gerade mit den passenden Nachnamen „Potter“ und „Granger“ gepaart sind. Ihr versteht, was ich meine.
Für ein Englischprojekt haben wir uns mal eine Geschichte ausgedacht und dann berühmte Autoren durcheinandergeworfen. Dabei kamen zum Beispiel „Bram Bradbury“, „Mary Golding“ und „Anthony Orwell“ heraus. Ich weiß nicht, ob ich euch solch simple Methoden unbedingt empfehlen würde, aber es ist auf jeden Fall ratsamer, als einfach was ungefiltert zu übernehmen. („Clark Kent“. Jetzt mal ganz im Ernst.)
Viele meiner Charaktere sind nach Personen oder Charakteren benannt, die ich gerne mag oder die ich zur Zeit der Benennung toll fand. Aber das ist dann entweder immer nur der Vor- oder der Nachname. Oder es ist eine Abwandlung des Originals. Ich habe keinen Clark Kent.
Ihr dürft euch natürlich auch gerne an anderen Quellen bedienen. Ich empfehle sämtliche Mythologien. Nennt eure Charaktere Hera. Tut es. Oder Juno. So viele spannende Möglichkeiten!
Luna Cthulhulesmênda’Achrxa
Ich schätze, ihr könnt bereits erraten, was ich damit sagen will.
Ja, „Luna“ ist okay. Damit kann ich leben. Aber „Cthulhulesmênda’Achrxa“ könnte eventuell etwas kompliziert sein, meint ihr nicht?
Ihr solltet immer darauf achten, dass die Namen eurer Charaktere leserlich und aussprechbar sind. Wenn die Gehirne eurer Leser beim Lesen eurer Charaktere Fehlermeldungen anzeigen, habt ihr etwas falsch gemacht.
„T’Challa“ und sowas in der Art ist offensichtlich in Ordnung, das lässt sich aussprechen, es klingt wie ein tatsächlich existierendes Wort und ist zudem auch noch verdammt cool.
Aber verzichtet im Zweifelsfall einfach auf eure „grandiosen“ selbst ausgedachten Fantasy-Namen mit ihren vierundsiebzig Silben und den ach-so-tollen Zirkumflexen. Ich durchschaue euch.
Wenn ihr euch unbedingt selbst was ausdenken müsst, was von mir aus okay ist, macht danach eine kleine Umfrage bei Freunden und Familie, ob die eure Kreation genau so toll finden wir ihr. Wenn ihr sie vorlest und ein irritiertes „Was?“ zurückkriegt, ist das ein schlechtes Zeichen.
Er sollte passen
Und damit meine ich so viele verschiedene Dinge. Arbeiten wir uns durch.
Einerseits sollte der Name offensichtlich zum Charakter passen. Wenn ihr ihn erstellt habt und euch sofort denkt „Boah, zu dem Mädel passt was Zweisilbiges“, dann ist das wahrscheinlich auch so und darf gerne eure Suche beeinflussen.
Sagen wir es so: Die Vibes sollten stimmen.
Zudem sollte der Name aber auch zur Vergangenheit und zum Umfeld der Figur passen. Es ist deutlich wahrscheinlicher, dass ein Fürst „Ludwig Leopold van Helberg IV.“ heißt als irgendein dahergelaufenes Kind aus der Gosse. Das heißt dann eher Tom oder sowas.
Da ihr aber sicherlich meinen Beitrag zum Erstellen von Charakteren gelesen habt, wisst ihr ja schon, wie wichtig die Vergangenheit eines Charakters ist, also halten wir uns damit nicht weiter auf.
Um uns mal von dem Charakter an sich zu entfernen, betrachten wir euer Genre und die Welt, in der eure Geschichte spielt.
Schreibt ihr einen historischen Roman, dessen Handlung im viktorianischen England stattfindet, würde ich davon absehen, einen Charakter „Luke Skywalker“ zu nennen. Die Leute damals hießen wahrscheinlich mehr so „James“ oder „William“. Ihr wisst schon.
Soviel also zur echten Welt. Da kann man ja in etwa abschätzen, wann was im Trend war.
Kümmern wir uns deshalb jetzt mal um Fantasy- oder Sci-Fi-Welten.
Wenn ihr euch beispielsweise eine Welt mit verschiedenen Völkern und Ethnien ausdenkt, ist es wichtig zu beachten, dass die höchstwahrscheinlich bestimmte Namen verwenden, die andere Völker derselben Welt nicht benutzen. Ihr wisst schon, wie in der Realität halt.
Niemand würde schließlich auf die Idee kommen, zwei Namen wie „Crescentia“ und „Søren“ in dasselbe Volk zu packen, nicht wahr? Ich schaue hier niemand bestimmten an.
Eins eurer Völker könnte beispielsweise auf eher skandinavische Namen setzen und ein anderes wählt eventuell eher französische.
Heather, Heather, Heather, Veronica
Okay, schlechte Überschrift. Schließlich lieben alle den Klassiker „Heathers“ aus dem Jahr 1988. Und das zu Recht.
Aber fangen wir’s anders an: Ich habe mir zu einem bestimmten Zeitpunkt mal extrem viele Charaktere für mein momentanes Projekt Molintery Warriors ausgedacht, weil ich irre war und dachte, man bräuchte die alle.
Jedenfalls habe ich dann mit einer Freundin darüber gesprochen und die hat sich doch tatsächlich bei mir beschwert, dass ich nicht zweimal denselben Namen benutzt habe, weil das unrealistisch sei.
Und bevor ihr die Mistgabeln zückt: Ja, es ist unrealistisch, dass bei fünfhundert Personen kein Name zweimal vorkommt, das sehe ich ein, aber in einem Buch zwei Charaktere gleich oder auch nur ähnlich zu benennen, ist so ziemlich das größte No-Go überhaupt. (Heathers ist die eine Ausnahme, die ich toleriere.)
Wenn ihr zwei Charaktere gleich nennt, werden eure Leser konstant verwirrt darüber sein, welcher nun gerade gemeint ist. Realismus hin oder her, das müsst ihr meiden.
Aber auch zu ähnlich sollte es nicht sein. Nennt eure drei Hauptcharaktere nicht „Sophie“, „Sophia“ und „Sofie“. Oder „Laura“, „Lara“ und „Lauren“. Oder „Leon“, „Leonhard“ und „Leonard“. Die Beispiele sind endlos.
Wenn ihr es ideal haben wollt, beginnen keine zwei Namen mit demselben Buchstaben. Aber das ist vielleicht etwas viel verlangt. Schließlich würde ich behaupten, dass „Pierre“ und „Patrick“ wahrscheinlich unterschiedlich genug klingen, um die Leser nicht zu irritieren.
Beachte den Flow
„Ludwig Grün“ ist für mich zumindest ein Name, der keinen besonders guten Flow hat. Generell ist das mit dem „Der Vorname endet mit dem gleichen Buchstaben, mit dem der Nachname anfängt“ eher schwierig, weil man dann beim Sprechen stocken muss.
Sprecht also eure Kreationen laut aus, bevor ihr euch festlegt. Vielleicht missfällt euch ja auch einfach, wie sie klingen. Das lässt sich durchs Vorlesen ganz gut feststellen.
Hm. Was für ein kurzer Tipp.
BONUS-TIPP: Wechselt beim Schreiben nicht zwischen mehreren Namen für denselben Charakter. Einige Charaktere mögen ihn vielleicht beim Spitznamen und andere beim Titel oder sowas nennen, aber bei der puren Erzählung solltet ihr euch auf einen einzigen Namen festlegen und nicht die ganze Zeit wechseln. Das ist verwirrend zu lesen. BONUS-TIPP Ende.
Die tiefere Bedeutung
Was denn, ihr habt immer noch keinen Namen?
Na gut, dann kommt jetzt mein liebster Tipp überhaupt:
Analysiert, was zum Charakter passt (schreibt dabei wirklich alles auf, was euch in den Kopf kommt!) und sucht dann nach passenden Bedeutungen. Sowas findet man im Internet ganz leicht.
Ein Charakter hat eine besondere Beziehung zu Gold? Wie wär’s denn dann mit „Aurelia“?
Ein anderer Charakter ist ein ganz besonders glücklicher Mensch? Ich empfehle „Felix“.
Eine Verbindung zu den Sternen? Ich schlage „Esther“ vor.
Findet heraus, was euren Charakter ausmacht, und sucht dem entsprechend bei Google nach Namen mit der spezifischen Bedeutung. Ganz einfach.
Stresse dich nicht und arbeite clever
Erstens: Du musst dich nicht sofort festlegen. Ich meine, theoretisch könntest du den Charakter im gesamten ersten Entwurf nur als „Nebencharakter N°1“ bezeichnen und das dann beim zweiten Entwurf ersetzen.
Lass den Namen auf dich zukommen und stresse dich nicht zu sehr. Ich habe schon viele meiner Charaktere nach über einem Jahr ihrer Existenz umbenannt. R.I.P. Wayne.
Zweitens: Wenn dir im Alltag mal ein Name über den Weg läuft, der dir gefällt, schreib ihn auf und sammle all diese Ideen in einem Dokument, sodass du sie alle beisammen hast. Ich bin mal über den Namen „Andrew“ gestolpert, fand ihn cool und hatte ihn dann wochenlang herumliegen, bis ich ihn dann schließlich verwenden können, weil ich ihn mir eben sofort notiert hatte.
Eine Zusammenfassung für Besucher der vierten Terrasse des Läuterungsberges
- Zusammenpassende Namen
- Bestimmte Themen wie Blumen, Himmelsobjekte &c können helfen, mehrere Charaktere miteinander zu verbinden
- Das Gleiche gilt für andere Verknüpfungsmöglichkeiten (Beispiel „Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“)
- Verwendet keine bereits bekannten Namen wie „Harry Potter“ oder „Artemis Fowl“
- Charaktere nach Figuren oder Leuten zu benennen, die ihr mögt, ist natürlich okay, aber seht davon ab, den ganzen Namen zu übernehmen
- Google hilft bei der Überprüfung
- Verwendet keine zu komplizierten Namen
- Passend zum Charakter und zur Story
- Der Name sollte zum Charakter passen: Sowohl zum Gefühl als auch zur Vergangenheit und zum Umfeld
- Zudem sollte er zur Zeit und Welt der Geschichte passen
- Benennt eure Charaktere nicht zu ähnlich oder gebt zwei Charakteren den gleichen Namen, auch wenn es „realistischer“ ist
- Der Name sollte gut klingen, vor allem auch Vor- und Nachname zusammen
- Legt euch beim Schreiben auf einen Namen fest, auch wenn einige Charaktere die Figur vielleicht bei ihrem normalen Namen nennen und andere bei ihrem Spitznamen; in die pure Erzählung gehört nur eine Version des Namens
- Findet heraus, was den Charakter ausmacht, und sucht dann Namen anhand ihrer spezifischen, passenden Bedeutung
- Ihr müsst euch nicht sofort auf einen Namen festlegen
- Notiert euch immer Namen, die ihr seht und die euch gefallen, sodass ihr fürs Benennen eines neuen Charakters immer ein Repertoire parat habt