Hach ja, Klischees. Manche hassen sie, manche … hassen sie. Jetzt mal ernsthaft, gibt es irgendwen, der die Dinger leiden kann?
Wie dem auch sei. Nun kann es passieren, dass man selbst gar nicht bemerkt, dass man diese Teufelsteile in sein eigenes Schreiben eingebaut hat. Dann hat man ein Buch veröffentlicht und plötzlich heißt es „Meine Güte, Harry Potter 2.0?“.
Sowas wünscht sich nun wirklich niemand. Aber wie meidet ihr Klischees beim Schreiben?
Was sind Klischees?
Laut Duden ist ein Klischee eine „unschöpferische Nachbildung“ oder ein „Abklatsch“.
Klischees werden häufig mit sogenannten „Tropes“ verwechselt, allerdings sind diese beiden Sachen sehr, sehr unterschiedlich. Na gut, nicht sehr, sehr unterschiedlich. Nur sehr unterschiedlich. So.
Ein Trope ist (schreibtechnisch gesehen) etwas, das in verschiedenen Werken immer wieder auftaucht. Das kann eine Art von Figur sein, aber auch eine bestimmte Handlung oder sogar eine einzelne Phrase.
Zum Klischee wird der Spaß dann, wenn ein bestimmter Trope so oft und gleich verwendet wird, dass er unoriginell wirkt. Ein gutes Beispiel wären Liebesdreiecke zwischen einem weiblichen Charakter und zwei männlichen, die sich um sie streiten. Wenn ihr dieses Klischee genau so anwendet, wird das vielen Menschen nicht gefallen.
Ihr wollt noch mehr Beispiele? Na gut.
Ein Beispiel für klischeehafte Charaktere wären die stoischen, düsteren Antihelden, deren Ehefrau im besten Fall vom Antagonisten umgelegt wurde. „Niemand wird mich jemals lieben können.“ „Ich traue keinem.“
Ihr wisst schon, jeder zweite männliche Hauptcharakter halt.
Klischeehafte Phrasen? Mein persönlicher Favorit ist „Ich stieß einen Atemzug aus, von dem ich nicht wusste, dass ich ihn hielt“ oder sowas in der Art. Großer Fan. Passiert in jedem einzelnen Buch. Na ja, fast.
Es gibt endlose viele Beispiele, aber wir sind ja hier, um diese Fieslinge aus unserem System rauszukriegen, und nicht, um sie reinzulassen. Also fangen wir doch mal an!
Warum solltet ihr Klischees überhaupt meiden?
Das mit der „unschöpferischen Nachbildung“ habt ihr schon gehört, oder?
Während Tropes nicht automatisch negativ und häufig sogar ein Kaufargument sind, ist es nie gut, wenn ein Werk voller Klischees ist.
In meinen Lese-Highlights aus dem Jahr 2020 habe ich unter anderem über Bücher wie „Red, White & Royal Blue“ von Casey McQuiston geredet. Einer der größten Aspekte dieses Buches ist die verbotene Liebe zwischen dem Protagonisten und seiner Love Interest.
Verbotene Liebe ist ein Trope, aber (noch) kein Klischee. Und auch falls ihr ihn vielleicht nicht mögen solltet, sind andere ganz verrückt danach.
„Aber Blaenk, wenn Tropes und Klischees sich so ähnlich sind, sollten wir dann nicht zur Sicherheit einfach Tropes auch meiden?“
Haha, viel Glück dabei. Ich denke nicht, dass es ein einziges Werk ohne Tropes gibt. Ihr habt eine Romanze, in der die involvierten Charaktere sich erst nicht so wirklich leiden können? Tja, das wäre dann Enemies to Lovers. Sorry.
Tropes sind keinesfalls etwas Negatives. Wie gesagt, häufig sind sie sogar ein Kaufargument. Leser*innen suchen aktiv nach ihren liebsten Tropes, weil ihnen diese Geschichten/Charaktere/Wasauchimmer einfach super gut gefallen. Und das ist etwas Positives!
Klischees hingegen … nee. Etwas „Unschöpferisches“ möchte nun wirklich niemand schreiben. Aber wie meidet ihr denn nun diese fiesen Dinger?
Habe ich versehentlich ein Klischee benutzt?
Woher soll ich das wissen?
Eeeeeey, Spaß.
Manchmal steckt man so tief in seiner eigenen Geschichte, dass man gar nicht mitkriegt, ob man nun Klischees eingebaut hat oder nicht. Aber wisst ihr, was da helfen kann?
Euren Kram mal anzugucken.
Jetzt mal ernsthaft, häufig muss man sich nur darüber bewusst werden, dass man eventuell Klischees eingebaut haben könnte, und schon sieht man die Teile links und rechts und überall. Ist nicht schön.
Dazu kann ich empfehlen, dass ihr euch über eure liebsten Geschichten bewusst werdet und analysiert, ob nicht vielleicht ein bisschen zu viel aus diesen Geschichten in eure eigene geflossen ist.
Ihr seid ein riesengroßer Divergent-Fan und habt es für eine großartige Idee gehalten, in euer Buch eine Gesellschaft einzubauen, die ihre Bevölkerung je nach Persönlichkeitsmerkmalen in bestimmte Gruppen einteilt?
Ja, also, ähm … das solltet ihr dann vielleicht nochmal überdenken.
Magierschulen sind auch immer was ganz Heikles. Glaubt mir, ich weiß, wovon ich rede.
Und der wohl effektivste Tipp, um Klischees in eurem Schreiben aufzudecken: Fragt andere.
Spätestens euer*eure Lektor*in sollte euch darüber in Kenntnis setzen, ob ihr gewisse Klischees verwendet habt, aber vorher können auch Freunde oder Testleser helfen. Wenn da sowas kommt wie „Deine Geschichte erinnert mich ein bisschen zu sehr an Herr der Ringe“, ist das nicht gut.
„Hilfe, ich glaube, ich habe ein Klischee benutzt!“
Okay, okay, okay. Wir bleiben ruhig. Wir atmen. Es wird alles gut.
Wenn ihr das Klischee nicht einfach so streichen könnt, weil möglicherweise große Teile eurer Handlung darauf basieren, dann habe ich hier den ultimativen Tipp für euch:
Dreht den Kram einfach um.
Ihr habt eine Geschichte geschrieben, in der eine Jungfrau in Nöten von einem Ritter in glänzender Rüstung gerettet wird? Gähn, haben wir schon dutzende Male gesehen.
Aber wie sähe das aus, wenn ihr einfach die Geschlechter dieser zwei Charaktere tauscht? So eine Geschichte fände ich zum Beispiel deutlich interessanter.
Werdet einfach kreativ! Darum geht es doch beim Schreiben. Stellt das Klischee auf den Kopf! Zeigt ihm, wo der Hammer hängt.
Das mag nicht allzu leicht sein, weil ihr vielleicht einige Anpassungen vornehmen müsst, aber Leute, es wird euer Buch so viel besser machen. Vertraut mir einfach.
Generell solltet ihr davon absehen, immer die einfachste oder die offensichtlichste Lösung zu wählen. Spinnt den Kram immer ein bisschen weiter und euch werden sicherlich die coolsten Ideen überhaupt kommen. Habe ich keinerlei Zweifel dran.
Eine Zusammenfassung für Besucher der vierten Terrasse des Läuterungsberges
- Klischees sind doof, weil unoriginell. Uncool.
- Sogenannte „Tropes“ hingegen sind einfach nur Dinge, die häufig auftauchen. Nicht das Gleiche. Tropes sind cool.
- „HABE ICH EIN KLISCHEE BENUTZT???“
- Analysiert eure Handlung, eure Charaktere und auch euren Schreibstil, so dürfte euch möglicherweise schon was auffallen
- Analysiert die Dinge, die ihr mögt, und überprüft, ob ihr sie nicht versehentlich kopiert habt
- Fragt andere! Freunde, Testleser, Lektoren, …
- Was mache ich, wenn ich ein Klischee verwendet habe?
- Ändere es und mach es zu einer originellen, eigenen Idee
- Wählt möglichst nie die offensichtlichste, einfachste Lösung
Klischees in der Handlung sind das eine. Man kann einen guten Plot aber auch durch sprachliche Klischees ruinieren. Hab letztens erst ein Buch weggelegt, als dem Erzähl-Ich zum x-ten mal „ein Schauer über den Rücken lief‘.
Schätze, diese Sprachfiguren sind ein eigenes Thema für sich.