Einige Schreibübungen zur all-round-Verbesserung eurer Schreibfertigkeit

  • Beitrags-Kategorie:Schreibtipps
  • Beitrags-Kommentare:Ein Kommentar
  • Lesedauer:11 min Lesezeit

Hallöchen. Heute mal kein „Schreibtipp“ im klassischen Sinne. Stattdessen widmen wir uns der praktischen Anwendung. Ergibt irgendwo Sinn, da man als Autor (in spe) schließlich schreiben sollte und nicht lesen, wie man zu schreiben hat.

Glaubt mir, ganz egal, wie viele Schreibtipps ihr euch online reinzieht, sofern ihr sie nicht praktisch anwendet, werdet ihr nicht besser im Schreiben sein als jemand, der sich noch keinen einzigen Schreibtipp in seinem Leben angeguckt, dafür aber jeden Tag eine Geschichte fertig geschrieben hat. Total realistisch, ich weiß.

Klar ist eine gesunde Mischung aus Theorie und Praxis das Beste, was es gibt, um seine Schreibfähigkeit so gut auszubauen wie möglich.

Wenn man seinen Führerschein machen will, muss man schließlich auch erst beweisen, dass man das Zeug theoretisch drauf hat.

Dann muss man es aber auch noch praktisch anwenden können.

Und damit ihr bei eurer imaginären praktischen Schreibprüfung nicht durchfallt, habe ich heute eine bunte Sammlung von verschiedensten Schreibübungen für euch, die so viele Themenbereiche abhaken wie möglich.

Da viele Schreiberlinge noch keine fertig geplante Geschichte haben, an der sie üben können, arbeiten wir heute mit Kurzgeschichten. Da könnt ihr natürlich auch mitmachen, wenn ihr schon perfekt durchdachte Outlines habt. Schreibt ruhig kurze Geschichten, die im selben Universum spielen wie euer Buch.

Szenenbeschreibungen

Ich kann schließlich nicht die einzige Person auf der Welt sein, die Probleme mit Szenenbeschreibungen hat, richtig? Richtig?

Allerdings kann das einfache Üben da schon echt helfen. Finde ich zumindest. Sollen wir also anfangen?

Überlegt euch zwei (eurer) Charaktere. Von mir aus auch gerne zwei Charaktere aus eurer Lieblingsserie oder so. Oder sonst auch nur einen Charakter und der andere seid ihr selbst. Mir egal.

Okay, habt ihr was? Wunderbar!

Jetzt wählt ihr einen beliebigen Ort. Entweder einen echten, den ihr gerne mögt, oder einen fiktiven, der vielleicht einem der beiden Charaktere viel bedeutet, den der andere aber (noch) nicht kennt. Möglicherweise die Heimatstadt, den Lieblingsplatz, das uralte, verwunschene Schloss, in dem Geister einem die Seele aussaugen, was weiß ich. Da dürft ihr ganz kreativ werden.

Habt ihr? Coolio, dann geht’s weiter.

Stellt euch diesen Ort nun bitte so bildlich wie möglich vor. Natürlich dürft ihr ihn auch gerne aufzeichnen. Vergesst kein Detail und überlegt euch auch die Atmosphäre. Ist es kalt? Riecht es nach leckerem Kuchen? Fühlen die vielen Risse in der Wand sich unter euren Fingerspitzen vielleicht irgendwie besonders an? Lasst nichts aus und bedenkt vor allem auch die Sinneswahrnehmungen.

Sehen

Hören


Riechen


Schmecken


Fühlen


(Ich weiß, dass ihr die Sinne durchaus kennt, aber visualisiert ist das alles immer nochmal etwas präsenter.)

So! Nun geht’s ans Eingemachte.

Packt die beiden Figuren, die ihr euch am Anfang überlegt habt, in die Umgebung, die ihr ausgewählt habt, und schreibt einfach die Szene, in der Charakter A Charakter B den Ort vorstellt.

So habt ihr nicht nur die trockene Szenenbeschreibung, sondern auch noch ein paar Dialoge und sowas Schönes. Gern geschehen.

Natürlich fokussiert ihr euch trotzdem hauptsächlich auf die Szenenbeschreibung. Denkt an die schönen Details und ganz besonders auch an die Atmosphäre. Viel Glück, junge Padawane. (Ich habe gerade übrigens acht Jahre damit zugebracht, die verschiedensten Websites durchzugehen, um herauszufinden, ob der Plural von „Padawan“ wirklich „Padawane“ ist. Und da die Antwort häufiger „Ja“ als „Nein“ war, nehmen wir das jetzt so. Falls ihr Beschwerden habt, gibt es ja die Kommentare.)

(Ach ja: Zu Szenenbeschreibungen habe ich übrigens auch einen ganz tollen Beitrag. Nur so als Info. Okay, cool, bye, wir sehen uns in der nächsten Übung.)

Charakterentwicklung

An dieser Stelle muss ich leider davon ausgehen, dass ihr schon Charaktere habt, die ihr nur weiterentwickeln wollt. Selbstverständlich könnt ihr euch auch ganz flott mal Charaktere ausdenken, aber in dieser Übung werden keine Figuren von Grund auf gebildet.

(Allerdings habe ich dafür natürlich auch einen Beitrag. Hach, was habt ihr doch für ein Glück.)

Mir geht es hier um Charaktere, die noch etwas zu flach sind und denen ihr einen gewissen Pepp verleihen wollt. Zwar geht das nicht mit nur einer Übung, aber vielleicht kann sie ja zumindest einen kleinen Anstoß geben. (Und danach lest ihr meinen Post zum Thema. Ist ja klar.)

Wählt so viele Charaktere, wie ihr wollt. Von mir aus auch jede einzelne Figur, die ihr euch je ausgedacht habt. Flippt ruhig aus. (Aber je mehr ihr habt, desto anstrengender wird das Ganze. Offensichtlich.)

So. Nun möchte ich euch bitten, euch gemütlich in einen fiktiven Sessel zu setzen und eure gewählten Charaktere um euch herum zu versammeln.

Ihr sollt jetzt nämlich ein Interview mit ihnen schreiben. Die Fragen sind dabei nicht allzu relevant. Ihr könnt ganz seriös und professionell bleiben und tatsächlich Kram fragen, den ihr von den Figuren wissen wollt, oder ihr übergebt das Ruder an die Charaktere.

Lasst sie untereinander reden. Lasst sie zanken. Das Motto dieser Übung hier ist wirklich einfach nur „Flippt aus“. Wichtig ist nur, dass ihr nicht zu sehr reingrätscht. Lasst die Charaktere ihre Persönlichkeit voll entfalten und lasst euch von all den Facetten, die sie euch zeigen, überraschen.


Die Frage, die ihr euch stellen solltet, ist: „Wie würde dieser Charakter in genau dieser Situation reagieren?“

Denkt einfach nicht zu sehr darüber nach, was ihr da fabriziert. Haut einfach raus und löscht nicht immer gleich alles wieder.

Dialoge

Passend zur letzten Übung und außerdem perfekt mit ihr kombinierbar.

Sind eure Dialoge vielleicht etwas zu hölzern? Lesen sie sich beim Bearbeiten ganz anders, als ihr sie eigentlich haben wolltet? Haben all eure Charaktere irgendwie die gleiche Stimme und Sprechweise?

Na ja, möglicherweise kann die folgende Übung da ein kleines bisschen helfen.

Ich möchte, dass ihr mal wieder einige (eurer) Charaktere versammelt. Für den Anfang können das gerne auch einfach nur zwei sein. Wie ihr wollt.

Nun überlegt euch ein Thema, das diese Charaktere beschäftigen könnte. Zum Beispiel ein verschwundener Gegenstand, den jemand einem von ihnen geklaut hat.

Ob ihr das zu einem Streitgespräch macht oder einfach nur eine angenehme, ruhige Konversation schreibt, ist eigentlich irrelevant. Wobei ich die Feststellung gemacht habe, dass Ersteres sich für mich leichter schreiben lässt. Ist natürlich abhängig von der Person, aber ich dachte, ich teile euch das mal mit.

Wunderbar, ihr habt euch also ein Thema ausgedacht, über das eure Charaktere reden können.

Nun schreibt ihr bitte diese Szene, aber nicht einfach so. Nein, nein, nein, das wäre ja viel zu simpel!

Ihr schreibt diese Szene und verwendet dabei ausschließlich wörtliche Rede. Kein „fragte sie“, „dachte er“, „sagte xier“, nix da, nope. Nada.

Auch keine Aktionen zwischen dem Gesagten. Eure Charaktere lehnen sich nicht nachdenklich in ihrem Stuhl zurück, sie legen die Stirn nicht irritiert in Falten, sie lachen nicht fröhlich auf. All das bringt ihr jetzt mal ausschließlich durch die Dialoge rüber. Keine Cheats.

Ihr werdet sehen: Das ist zwar anstrengender, aber so lernt ihr, euren Dialogen mehr Ausdruck zu verleihen und euch nicht immer so sehr auf die Dialogue Tags hinter dem Gesagten zu verlassen.

Ideenfindung

Oh, Spaß! Yay!

Okay, ihr schnappt euch jetzt bitte mal drei Bücher. Ganz egal, welche. Na gut, nicht ganz egal, sie sollten mehr als fünfzig Seiten haben. Aber abgesehen davon ist es völlig egal, welche Bücher ihr nehmt. Es könnten die drei sein, die gerade bei euch liegen, oder drei eurer Lieblingsbücher.

(Oder drei Bücher von Ovid.



Was ist? Nein, ich bin immer noch nicht mit Ovid fertig. Lest seinen Kram!)

Nun schlagt ihr die drei Bücher, die ihr euch ausgesucht habt, auf Seite fünfzig (50) auf und schreibt jeweils den ersten kompletten Satz ab.

Um euch das zu veranschaulichen, mache ich das mal kurz.

Ich habe hier also drei Bücher von Ovid: Die Metamorphosen, die Amores und Ars amatoria. Sind alles die zweisprachigen Reclam-Ausgaben.

Okay! Seite fünfzig und erster vollständiger Satz, ne? Kriegen wir hin. (Wobei ich hier mal kurz schummele und Seite 51 nehme, weil auf den geraden Seiten der lateinische Text steht und ihr höchstwahrscheinlich nicht schon wieder meinen wunderbaren Lateinunterricht genießen wollt. Auch wenn ich das kein bisschen verstehe, aber na gut.)

Metamorphosen: „Sie ließ sich von der Höhe des Äthers herab, stellte sich auf den Erdboden und gebot den Nebeln zu weichen.“

(Oh, wie cool! Damit lässt sich ja wohl auf jeden Fall was anfangen!)

Amores: „So hab ich denn zu spüren bekommen, dass ihr doppelbödig seid und nicht nur so heißt, gerade diese Zahl, die Zwei, verhieß nichts Gutes.“

(Was zur Hölle hat die arme Zwei dir getan, Ovid?)

Ars amatoria: „Aber wenn die Gäste sich nach Aufhebung der Tafel verziehen, wird dir allein schon das Gedränge Annäherungsmöglichkeiten bieten.“

(Danke für den Tipp!)

Cool. Da wir das nun hätten, können wir ja mit der eigentlichen Übung anfangen.

Da die Sätze, die ihr euch soeben aufgeschrieben habt, hoffentlich kein bisschen zusammenpassen, müsst ihr jetzt kreativ werden. Ihr bastelt aus ihnen jetzt nämlich die Handlung einer Kurzgeschichte. Viel Spaß. Oder eher: Viel Glück.

Was würde ich wohl aus meinen Sätzen zusammenschrauben? Hm. Eine Frau mit göttlichen Kräften, die gegen „doppelbödige“ Schurken vorgehen und sie dafür im Gedränge meucheln muss.
Ist ja billig und sehr nah an der Vorgabe. Aber hey, immerhin habe ich irgendwas gedeichselt, auch wenn ich mir noch nicht ganz sicher bin, wie ich da eine Zwei reinbauen könnte?

Na ja. Vielleicht habt ihr ja bessere Ideen als ich. Und dann schreibt ihr einfach eine wunderschöne, kleine Kurzgeschichte. Oder auch nicht. Theoretisch geht es in dieser Übung ja nur um die Ideenfindung. Aber… wenn ihr den Plot jetzt schon mal habt, könnt ihr ihn ja auch benutzen.

Übrigens!

Falls ihr diese Übungen tatsächlich anwendet (was ich euch nur empfehlen kann), würde ich mich sehr darüber freuen, wenn ihr sie mit mir teilen möchtet!

Das könnt ihr natürlich in den Kommentaren machen, sonst könnt ihr mir aber auch eine Email schreiben (kontakt@blaenkjones.de) oder eine Nachricht bei Instagram senden.

Super, dann hätten wir das ja alles geklärt. Viel Spaß bei den Übungen!

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar